Samstag, 30. September 2017

Was vom Jahrgang übrig bleibt (1):
Die Außerordentlichen

Der erste Teil dieser Jahrgangs-Rückschau ist der leichteste. Denn die Bewertung „außerordentlich“ (bzw. die Vergabe von 8 oder mehr Punkten in der spielbox) hat für mich die Bedeutung: Ich bin Fan! Dieses Spiel muss ich besitzen! Unbedingt!

Somit ist schon mal klar, welche Spiele für mich vom Jahrgang übrig bleiben: alle außerordentlichen natürlich. Der Jahrgang 2016 / 2017 war nun entweder ein besonders starker oder ich werde altersmilde: Stolze fünf Spiele halte ich für außerordentlich und somit für unverzichtbar. Es sind:

GREAT WESTERN TRAIL: Ich spiele eben gern. Was möglicherweise einfältig klingt, beschreibt dennoch gut den besonderen Reiz von GREAT WESTERN TRAIL. Das Spiel animiert mich, Dinge ausprobieren zu wollen; mal so und mal anders zu spielen. Großartig finde ich vor allem das Zusammenspiel aus Strategie und Taktik. Die zur Verfügung stehenden Gebäude und die Reihenfolge der Startgebäude (oder auch nur Lust und Laune) bestimmen meinen langfristigen Plan. Meine Kartenhand, der Arbeitsmarkt und das Verhalten der Mitspieler bestimmen über die Umsetzung des Plans oder auch ein Abweichen davon.


TEMPEL DES SCHRECKENS: Nach meiner ersten Partie (zu dritt oder zu viert; ich weiß es nicht mehr) hätte ich niemals erwartet, dass sich dieses sehr einfache und unscheinbare Spiel in meinen öffentlichen Spielerunden zum Dauerbrenner schlechthin entwickeln würde. Ganz erstaunlich finde ich auch, dass sich der Spielreiz ohne merkliche Abnutzung anscheinend beliebig oft reproduzieren lässt.


WETTLAUF NACH EL DORADO: Wer hier regelmäßig mitliest, könnte eventuell bemerkt haben, dass ich Deckbauspiele besonders schätze, insbesondere wenn sie wie DOMINION sind. WETTLAUF NACH EL DORADO ist nicht DOMINION, aber trotzdem toll, da es etwas schafft, das sogar DOMINION noch übertrifft: Der Deckbau dient hier einem ganz konkreten und leicht fassbaren Zweck. Die Figur soll schnell ins Ziel. Sonst nichts.


WORD SLAM: Spiele mit Sprache liebe ich sowieso. WORD SLAM aber hat sich sogar außerhalb der Partien auf meinen alltäglichen Sprachgebrauch ausgewirkt, indem ich zwischenzeitlich in eine Art WORD-SLAM-Sprech verfiel. Etwas Ähnliches hatte zuletzt DER HEIDELBÄR geschafft, als ich plötzlich vor lauter Tieren die Wörter nicht mehr sah.


DODELIDO: Keine Frage: Spiele wie DODELIDO gab es schon etliche. Nicht zuletzt vom DODELIDO-Autor höchstselbst. Aber: Nach meinem Empfinden ist DODELIDO die ausgereifteste Version der zugrundeliegenden Spielidee mit genau der richtigen Menge Sonderregeln, um einerseits Fehler zu erzwingen, andererseits das Spiel trotzdem kompakt zu halten. Und mit dem Krokodil als der genau richtigen und notwendigen Karte, um das System immer wieder zu durchbrechen.

P.S. Die Rubrik „Gern gespielt im ...“ muss im September wegen Sinnlosigkeit ausfallen. In der ersten Monatshälfte hatte ich noch kaum Neuheiten zur Verfügung, in der zweiten Monatshälfte war ich im Urlaub. Wer es trotzdem unbedingt wissen will: Im September habe ich natürlich besonders gerne DOMINION gespielt. Und für DIE BURGEN VON BURGUND war auch noch Zeit.





Montag, 25. September 2017

Memoarrr!

Das Cover der Spiels zeigt wunderbar, wie ich mir Erholung vorstelle: Wasser, Wellen, Sonne! Auf einen am Strand herumliegenden Piratenhut will ich dabei gar nicht mal bestehen, der ist mir schnuppe. Die Münzen und den Rubin jedoch würde ich als sehr nettes Urlaubs-Upgrade begreifen.

Wie geht MEMOARRR? 25 Karten zeigen Tiere vor unterschiedlichen Landschaften. Beispielsweise eine Schildkröte vor blauer See oder eine Robbe vor grünem Wald. Jedes Tier und jede Landschaft kommen fünfmal vor, also in jeder möglichen Kombination. Eine Karte spielt ungesehen nicht mit. Aus den restlichen bildet man eine verdeckt liegende quadratische Auslage. Vor Spielbeginn darf sich jeder drei Karten ansehen.
Wer am Zug ist, deckt eine Karte auf. Der nächste Spieler muss daraufhin eine Karte aufdecken, die entweder dasselbe Tier oder dieselbe Landschaft zeigt. So geht es immer weiter im Uhrzeigersinn. Aufgedeckte Karten bleiben offen liegen. Wer scheitert, scheidet aus der laufenden Runde aus. Wer als Letzter übrig bleibt, gewinnt eine Punktekarte. Nun wird alles wieder zugedeckt. Nach sieben Runden gewinnt der Punktbeste.


Was passiert? Weil man anfangs fast noch keine Karten kennt, ist man mitunter aufs Raten angewiesen. Je weiter die Partie fortschreitet, desto umfassender die Informationslage. Manche können sich besser die Farben, andere besser die Tiere merken. Genies können sogar beides.
Die Spieler versuchen, sich Muster einzuprägen. Und es schleifen sich bestimmte Abfolgen ein. Deckt einer Blau auf, wissen alle: Jetzt rechts benachbart, dann in der Ecke unten links, dann … und Taktiker wiederum durchbrechen diese Gewohnheiten, decken nach der blauen Schildkröte eben nicht Blau auf, sondern die rote Schildkröte, um den folgenden Spieler so aus dem Konzept zu bringen.
Weil jeder Fehler das Aus bedeutet, baut MEMOARRR sehr schnell Spannung auf. Man muss sich für eine einzige Karte entscheiden – und die kann bereits tödlich sein. In dieser zugespitzten Situation bibbert man, dass der Vordermann nicht ausgerechnet das aufdeckt, was man selber noch in petto hatte. Und obwohl man hofft, dass er scheitert, möge er bitte nicht so scheitern, dass man nach der von ihm aufgedeckten Karte ebenfalls nicht mehr weiterweiß.
Nur im Endspiel unter Könnern finde ich MEMOARRR nicht völlig überzeugend. Wenn alle 24 Karten aufgedeckt wurden, gewinnt der, der die letzte Karte regelkonform aufdecken konnte. Man kann also ohne Fehler verlieren. Für den Fall, dass dies häufiger passiert, gibt es verschärfende Regeln. Aufgedeckte Tiere lösen jetzt eine Aktion aus, beispielsweise zwingt jeder Oktopus dazu, zwei Karten miteinander zu vertauschen. Das macht MEMOARRR wieder schwieriger. Ziel erreicht – allerdings auf Kosten der genialen Einfachheit des Grundspiels.

Was taugt es? Verblüffend, dass kurz nach DEJA-VU nun gleich ein zweites Spiel das bekannte Memo-Prinzip modernisiert mit einem zusätzlichen Kick versieht. Verblüffend ebenso, dass aus dem Memo-Prinzip auch heute noch so viel herauszukitzeln ist. Das Spiele-Herbst geht schon gut los.


***** reizvoll

MEMOARRR! von Carlo Bortolini für zwei bis vier Spieler, Pegasus Spiele / Edition Spielwiese.

Dienstag, 19. September 2017

Vor 20 Jahren (48): Acquire

ACQUIRE besitzt einen eleganten Mechanismus, um eine Startsituation herzustellen und zugleich den Startspieler zu bestimmen. Jeder zieht eine Koordinatenkarte, und auf dem entsprechenden Feld (G4, C11, F9 etc.) wird ein Hochhaus gebaut. Und Startspieler ist, wer …

Tja, da fingen die Probleme an. In meiner Göttinger Spielerunde erhob sich schon bei Spielbeginn regelmäßig Geschrei. Sollte der Spieler mit der niedrigsten Zahl beginnen oder der mit dem im Alphabet vordersten Buchstaben? Natürlich hätte ein Blick in die Spielregel die Streitfrage ein für alle Mal aus der Welt schaffen können. Aber eine derart simplifizierende Lösung wäre der universellen Tragweite des Konflikts niemals gerecht geworden.

Und so krakeelten drei von vier Beteiligten: „A vor 1! A vor 1! A vor 1!“ Und meinten, damit dass vorrangig der Buchstabe entscheiden solle. Und nur eine verzweifelte Stimme hielt dagegen: „1 vor A! 1 vor A! 1 vor A!“
Ehrlich gesagt: Im Grunde war uns anderen die Regelung völlig egal. Dieses Theater veranstalteten wir nur, um unseren Mitspieler zu ärgern. Beweis: Als „Mister 1-vor-A“ einmal die Spielerunde wegen anderer Verpflichtungen vorzeitig verließ, zogen wir ACQUIRE aus dem Regal und skandierten ausnahmsweise: „1 vor A! 1 vor A! 1 vor A!“ Was waren wir doch Witzbolde!

Dem einen oder anderen mag das fies vorkommen. Aber das Geplänkel zu Beginn war die einzige Freude, die uns noch blieb. Denn während der vielen, vielen ACQUIRE-Partien, die wir damals spielten, verging uns das Lachen regelmäßig. Dies lag an einer Zugabfolge, die unser Mitspieler in (gefühlt) 80 Prozent aller Partien spielte und die wir anderen den „Scheißtrick“ nannten.


Der Scheißtrick ging so: Im ersten Schritt zieht man per Sonderaktion fünf zusätzliche Handkarten. Im zweiten Schritt – wieder per Sonderaktion; manchmal im direkten Folgezug, manchmal ein paar Runden später – spielt man mehrere Karten hintereinander, gründet dabei eine neue, maximal teure Hotelkette, schluckt sie noch im selben Zug, kassiert die Prämien als größter und zweitgrößter Aktionär und hat nun so viel Kapitalvorsprung, dass der Sieg nur noch Formsache ist. Obwohl die Partie gerade erst begonnen hat.

Eigentlich ganz simpel. Das Wesen des Scheißtricks hatten wir anderen intellektuell durchaus erfasst. Doch gelang es uns nicht, diese überaus erfolgreiche Spielweise zu verhindern oder sie zu kopieren.

An der Kartenmischung konnte es nicht gelegen haben. Nach etlichen Malen Scheißtrick mischten wir mittlerweile gründlicher als gründlich. Auf Glück allein kann es auch nicht beruht haben, dazu klappte es zu regelmäßig. Und an einen Falschspielertrick glaube ich ebenfalls nicht. So bleibt dann nur die ernüchternde Möglichkeit, dass unser Mitspieler schlichtweg ein besseres Gespür dafür hatte, welche Handkarten es wert waren, behalten zu werden, und welche gespielt werden durften oder mussten, um den Scheißtrick in die Wege zu leiten.

Und wie immer, wenn unterlegene Hirne in der Mehrheit sind, wird die geniale Methode bekämpft und abgeschafft. Weil ACQUIRE mit Scheißtrick ziemlich reizlos wurde, spielten wir bald nur noch mit Regelmodifikation. Und artikulierten wenigstens unseren Volkszorn: „A vor 1! A vor 1! A vor 1!“


Dienstag, 12. September 2017

Lorenzo der Prächtige

Eines Tages gab es das Arbeitereinsetzspiel. Man stellte seine Figur auf ein Spielfeld und machte, was dort zu machen war. Dann gab es das Würfeleinsetzspiel. Jetzt setzte man Würfel ein, und ihre Augenzahl bestimmte darüber, wie stark oder schwach man machte, was zu machen war. Wenn manche Spieler besser würfelten als andere, konnte das ungerecht sein. Und um dieses Problem zu umgehen, gibt es nun LORENZO DER PRÄCHTIGE.


Wie geht LORENZO DER PRÄCHTIGE? Jeder besitzt vier Arbeiter. Den Arbeitern sind in jedem Durchgang zufällige Augenzahlen zugeordnet. Aber: bei jedem Spieler dieselben. Ein Würfelwurf zu Beginn des Durchgangs bestimmt darüber. Und so gibt es Durchgänge mit allerseits starken oder allerseits schwachen Arbeitern, aber alle Spieler müssen gleichermaßen damit zurechtkommen.
Wozu dienen die Arbeiter? Man setzt sie ein, um Karten zu kaufen. Die gibt es in vier Farben. Punkte zählen sie irgendwie alle. Aber jeder Kartentyp bietet andere Vorteile: Vereinfacht gesagt, bringen violette Karten einen kräftigen Soforteffekt, blaue Karten attraktive Dauereffekte, Doppelzüge oder Punkteboni. Und grüne und gelbe Karten bringen Erträge, wenn man eine Figur für die Aktionen Ernte oder Produktion einsetzt.
Um grüne oder gelbe Karten auf diese Weise ausschütten zu lassen, benötigen Arbeiter allerdings eine bestimmte Augenzahl. Für manche Karten muss es eine Fünf oder Sechs sein, für andere genügt weniger. Und auch der Erwerb von Karten kostet nicht bloß GeldHolzStein. Je nach (zufällig ausgeloster) Karten-Position auf dem Spielplan muss ein Arbeiter mit mindestens einem, drei, fünf oder sieben Würfelpunkten anmarschiert kommen. Weil aber nicht immer so hoch gewürfelt worden ist (im Falle der Sieben: eigentlich nie), darf man Diener hinzubezahlen, die den Wert der Arbeiter erhöhen. Und damit man nicht so schnell in Sackgassen gerät, gibt es noch Einsatzfelder, um Diener oder Geld zu erhalten oder um die Spielerreihenfolge zu verändern.
Wichtig, weil bedrohlich, ist die Glaubens-Skala. Wer nach zwei, vier und sechs Durchgängen hier nicht einen bestimmten Wert erreicht, wird übel bestraft. Bei Abwehr der Strafe wird der eigene Stein wieder auf Null gesetzt, und die Sammelei von Glaubenspunkten beginnt ganz von vorn. Manchmal mag es deshalb klüger sein, eine oder mehrere Strafen bewusst in Kauf zu nehmen.


Was passiert? LORENZO hat den typischen Thrill von Arbeitereinsetzspielen. Man kommt sich schnell in die Quere. Deshalb stellen sich Fragen wie: Welche Aktion ist wichtig für mich? Wo muss ich zuerst hin? Was kann noch eine Runde warten? Eine Ernte ist natürlich viel schöner, wenn man vorher noch eine weitere grüne Karte erwirbt, die dann ebenfalls mit ausschüttet. Allerdings muss man, um die Karte überhaupt nehmen zu dürfen, erst noch die eigene Militärstärke erhöhen, dann holt man sich die Karte und dann … ist vielleicht das angepeilte Ernte-Einsetzfeld blockiert.
Alle Karten sind toll. Jeder Zug, der keine Karte bringt, fühlt sich ein bisschen falsch an. Doch ohne Hilfszüge, um auch mal Material zu holen, geht es nicht. Und so rechnet man, wie das Bestmögliche herauszuschlagen ist, und hofft, dass nicht andere denselben Plan verfolgen und den Tempoverlust beim etwaigen Hilfszug ausnutzen, indem sie sich die angepeilte Karte selber schnappen. Und zugleich sitzt einem die Kirche im Nacken. Irgendwo müssen dringend und möglichst nebenbei noch ein paar Glaubenspunkte her.
Als Kehrseite ergibt sich aus alldem, dass Spieler mit Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung den Ablauf ziemlich verzögern können. LORENZO ist ein auffallend rechenintensives Spiel. Ich habe noch keine Partie erlebt, in der nicht irgendwann irgendwem aufgefallen wäre, dass er eine Kleinigkeit vergessen hat, seinen Spielzug deshalb gar nicht bezahlen kann und leider alles zurücknehmen muss. Meistens passiert so etwas sogar mehrfach pro Partie.


Was taugt es? LORENZO hat ein austauschbares Thema und ist auch nicht sonderlich neuartig. Es ist mal wieder eines der vielen Spiele, in denen man auf Skalen voranmarschiert, Dinge gegen andere Dinge tauscht und am Ende Siegpunkte dafür gewinnt. Weil ich derartige Spiele in den vergangenen Jahren vielleicht ein bisschen zu häufig gespielt habe, war mein erster Eindruck: solide.
Doch im Vergleich mit dem von mir als „solide“ bewerteten YOKOHAMA, finde ich LORENZO dann doch stärker, weil die Verdichtung hier besser gelungen ist. LORENZO hat eine klare Grundidee, die eine gesamte Partie lang trägt. Man setzt sechsmal seine vier Figuren ein. Auf diese 24 Spielzüge kommt es an. Das macht LORENZO sehr spannend. Man fiebert sehr intensiv mit, welche Karten und Felder die anderen Spieler okkupieren.
Die Profiversion macht das Spiel irritierenderweise etwas leichter. Jeder Spieler hat nun vier Zielkarten, die, sofern erfüllt, tolle Boni bringen. Alternativ darf man Zielkarten auch einfach abwerfen und erhält dann ein Geschenk nach Wahl, zum Beispiel einen Glaubenspunkt, was der Kirche etwas ihren Schrecken nimmt. Obendrein erhöhen diese Karten den Glücksfaktor. Zwei oder gar drei Ziele zu besitzen, die sich gut ergänzen, ist unbestritten ein Vorteil. Dennoch bevorzuge ich das Profispiel, weil die Zielkarten den Spielern entgegen dem üblichen Stiefel eine Entwicklungsrichtung nahelegen, die sie normalerweise vielleicht nicht ausprobiert hätten. Die Zielkarten variieren das Spiel recht gut.
Redaktionell ist aber nicht alles optimal. Die Symbolik ist uneinheitlich, die Spielregel lässt Zweifelsfälle offen und ist obendrein unübersichtlich. Beispielsweise wäre es äußerst hilfreich (und aus meiner Sicht auch extrem naheliegend) gewesen, die 20 Zielkarten in alphabetischer Reihenfolge zu erklären.


***** reizvoll

LORENZO DER PRÄCHTIGE von Virginio Gigli und Flaminia Brasini mit Simone Luciani für zwei bis vier Spieler, Cranio.

Samstag, 2. September 2017

Dominion – Ergänzungs-Set

Man weiß gar nicht so genau, wie dieses Spiel eigentlich heißt. Auf der Schachtel steht: DOMINION – ERWEITERUNG. Auf der Verlagshomepage und auch sonst im Netz findet man den Titel DOMINION – ERGÄNZUNGS-SET. Das trifft besser, was in der Schachtel drin ist. Nur steht es halt nicht drauf.

Was bringt das DOMINION – ERGÄNZUNGS-SET? „Dominion – Luft“ wäre auch noch ein guter Titel gewesen. Denn wie immer bei den kleinen DOMINION-Boxen ist die Schachtel fast leer. Gerade 14 mal 10 neue Karten sind enthalten, und sie erweitern das Spiel nicht, sondern sind dazu gedacht, um Karten aus Grundspiel und INTRIGE zu ersetzen.
In Zukunft werden beide nur noch mit der neuen Kartenbestückung erhältlich sein. Das ERGÄNZUNGS-SET richtet sich somit an diejenigen, die sich keine komplett neuen Spiele kaufen oder nicht bis zum Erscheinen der neuen Editionen warten wollen.
Als Service für Fans kann ich diese Box trotzdem nicht ansehen, jedenfalls nicht zum vorgesehenen Preises. Der Verlags-Shop verlangt derzeit 32 Euro. Wie so oft bei DOMINION stimmt da die Verhältnismäßigkeit nicht.


Was taugt es? Karten zu ersetzen, halte ich grundsätzlich für eine sehr gute Idee, denn manche Karten haben sich im langfristigen Einsatz als nicht so gelungen herausgestellt. Donald Vaccarino eliminiert nun diejenigen, die allgemein als die schwächsten gelten: Kanzler, Dieb, Abenteurer, Später, Saboteur und so weiter wird vermutlich niemand vermissen. Für zukünftige Überarbeitungen würde ich mir wünschen, dass auch besonders starke Karten neu durchdacht und womöglich abgeschwächt werden.
Was Kartentyp und Kosten angeht, fügen sich die neuen Karten nahtlos ein. Statt des Abenteurers gibt es für sechs Geld nun die Töpferei; als Reaktionskarte ist statt der Geheimkammer nun die Diplomatin an Bord (und so weiter). Die Funktionen der Karten allerdings wurden teilweise modifiziert, teilweise auf andere Karten übertragen, teilweise komplett gestrichen.
Ein paar Beispiele: Die Mühle kann nun das, was bislang die Große Halle konnte, erlaubt aber zusätzlich (wie ehedem die Geheimkammer), Karten gegen Geld abzulegen. Die Banditin entsorgt fremdes Geld wie einst der Dieb, ist aber schlauer, indem sie Kupfer unangetastet lässt und dem Ausspieler unabhängig vom Angriffserfolg ein Gold spendiert. Eine Karte analog zum Kupferschmied, um den Wert von Kupfer zu erhöhen, gibt es nun gar nicht mehr.
Natürlich sind unter den neuen Karten einige beliebter, andere unbeliebter, einige leichter, andere schwieriger nutzbar. Ich habe aber noch keine Karte ausmachen können, die jedes Mal im Markt liegen bleibt. Sowohl das Grundspiel als auch die INTRIGE werden also verbessert. Ganz neue Konzepte führen die Karten zwar nicht ein, aber das sollen sie auch nicht. Dafür sind Erweiterungen da, und dies ist ja keine, auch wenn es auf dem Deckel steht.

Muss man das haben? Ich schon. DOMINION ist nun mal mein Lieblingsspiel. Wer jedoch nur gelegentlich DOMINION spielt, braucht diese Ergänzung sicher nicht. Jede der großen Erweiterungen ist im Preis-Leistungs-Verhältnis klar besser. Die neuen 14 Karten sind vor allem für Menschen, die DOMINION komplett haben wollen. Oder müssen. Und wer eines Tages, weil er seine Karten kaputt gespielt hat, ein neues Grundspiel oder eine neue INTRIGE erwirbt, darf sich freuen, dass diese Kästen sogar noch ein bisschen besser sein werden als zuvor.

(keine Sternchenwertung)


DOMINION – ERGÄNZUNGS-SET von Donald X. Vaccarino für zwei bis vier Spieler, Rio Grande Games.