Freitag, 29. April 2016

Gern gespielt im April 2016

Schon einen Tag früher als sonst. Weil ich es kann.

DYNASTIES: Nie war Heiraten ehrlicher.

KERALA: Wer zuerst KERALA spielt und irgendwann später in KÖNNEN SCHWEINE FLIEGEN? (ebenfalls Kosmos) Fragen zum Elefanten beantworten muss, wird vielleicht den kleinen Widerspruch bemerken.

VITICULTURE: Meine realen Besucher sollten sich mal ein Beispiel an den aufopferungsvollen Gästen in VITICULTURE nehmen.

KRAZY WORDZ: Genie wird oft verkannt. Das jedenfalls würde einigermaßen versöhnlich erklären, warum Mitspieler allzu oft verständnislos auf meine geradezu logischen Wortschöpfungen starren.

CODENAMES: Und wieder einer dieser Abende, an dem auf „Los, eine Runde noch!“ „Los, eine Runde noch!“ folgte ...

MOMBASA: Vorsicht! Kann Spurenelemente von Deckbau enthalten.




Mittwoch, 27. April 2016

Dynasties

Ich finde: Wenn ich schon mal ein sehr aktuelles Spiel rezensiere, muss ich auch keine Einleitung schreiben. (Ääähm ... was natürlich nicht bedeutet, dass ich bei weniger aktuellen Spielen eine schreiben müsste.)

Wie geht DYNASTIES? Mal wieder zählen am Ende die Mehrheiten. Diesmal in vier Ländern. Weitere Punkte zählt es, in allen (bis zu drei) Kronenstädten eines Landes zu sein sowie Auftragskarten zu erfüllen. – Gähn? Nein! Der Weg dorthin ist nicht so herkömmlich:
Es geht 1. um Ressourcen- und Kartenmanagement. Waren in fünf Farben stehen für verschiedene Aktionen. Mit weißen Steinen setze ich zum Beispiel eine Frau in eine Spielplanstadt. In Mailand kostet das einen weißen Stein, in Berlin drei. Schwarz ist die Farbe der Männer. Und mit blauen Steinen lassen sich Sonderaktionen auslösen. Welche und zu welchem Preis, wird jede Runde ausgelost.
Gelbe Steine funktionieren mal wie weiße, mal wie schwarze, mal wie blaue, bieten aber (fast) keine Wahlmöglichkeit. Sondern meine Karte gibt vor, was ich mit Gelb tun darf. Beispielsweise darf ich für einen gelben Stein nach Brest (statt für zwei schwarze oder drei weiße). Aber es muss dann eben Brest sein.
Jede Karte bietet mindestens drei Möglichkeiten. Also etwa: Gehe für einen gelben Stein nach Brest. Oder mache irgendeine Aktion mit schwarzen Steinen. Oder gehe auf ein Schiff. Auf Schiffen gibt es Warennachschub, und wir kommen zu ...
2. dem Teilmechanismus, der immer dann ausgelöst wird, wenn zwei fremdfarbige Figuren zusammenkommen. Bin ich auf einem Schiff, und ein anderer Spieler setzt sich dazu, teilt er die (maximal fünf) Waren in zwei Portionen, und ich darf zuerst eine davon wählen.
Kommen Frau und Mann in derselben Stadt zusammen, würfelt der Besitzer der schwächeren Figur (je nach Stadt ist das mal der Mann, mal die Frau) drei Mitgiftwürfel (deren Symbole zeigen, welche Geschenke es gibt), teilt sie in zwei Portionen, und der Stärkere wählt zuerst.

Was passiert? Um DYNASTIES zu erklären, brauche ich 30 Minuten. Wenn alle das Spiel beherrschen, dauert eine Partie zu viert erstaunlicherweise nicht viel länger als eine Stunde. Trotz der vielen Details ist alles sehr logisch und grafisch herleitbar. Und vor allem fokussiert DYNASTIES die Spieler auf Ziele. Es wird keine Zeit auf Nebenschauplätzen verplempert.
Von Beginn an habe ich schon Orts-Aufträge. Beispielsweise soll eine Figur nach London, eine nach Wien. Damit kann ich mir theoretisch Zeit lassen. Allerdings sind die Plätze in den beiden Städten vermutlich irgendwann besetzt. Und ich kann immer nur zwei unerledigte Aufträge mit in den nächsten Durchgang nehmen. Und weil ich punktegierig bin, ziehe ich gerne noch mehr Aufträge. Aber dann muss ich auch welche schaffen.
Um erfolgreich zu sein, muss ich aus wenig Material viel herausholen. Viele Waren zu horten, macht mich zwar flexibler, aber ich kann es mir nicht erlauben, allzu viele meiner insgesamt 15 Spielzüge für Beschaffung zu opfern.
Schon zu Beginn eines Durchgangs muss ich meine vier oder fünf Handkarten durchplanen und festlegen, welche ich ganz sicher für welche Aktion verwenden muss und welche ich, je nach Situation, flexibel einsetzen kann. Und falls mir Waren fehlen, muss ich mir überlegen, wo ich sie herbekomme.
Dieser Ablauf ist mit vielen Spannungsmomenten durchsetzt: Wenn ich Waren aus dem Beutel ziehen darf: Welche erwische ich? Wenn ich verdeckte Plättchen oder neue Aufträge erhalte: Passen sie? Kommt mir jemand in meinen Zielstädten zuvor? Schnappt mir jemand eine blaue Aktion weg? Kommt jemand zu mir aufs Schiff und löst endlich die Warenverteilung aus?

Was taugt es? DYNASTIES bewegt sich in der Gewichtsklasse Kennerspiel / Expertenspiel. Für ein Spiel dieser Art hat es einen auffallend hohen Glücksanteil und erinnert mich in dieser Hinsicht an PANTHEON. Man kann bei einer Hochzeit ganz offensichtlich drei Mal etwas Tolles und drei Mal großen Mist erwürfeln. Weniger offensichtlich als das Würfelschicksal kann aber auch eine einseitige Kartenhand einen Spieler extrem limitieren. Und schließlich ist man in DYNASTIES sehr abhängig von anderen: Wer blockiert – möglicherweise völlig unabsichtlich – meine Auftragsstadt? Wer heiratet wann wen – und wen nicht? Wer geht auf welches Schiff?
Lange allein auf einem Schiff herumzustehen, ist definitiv nachteilig. Lange unverheiratet zu sein, finde ich weniger schlimm. Denn Ledige bekommen nach den ersten beiden (von drei) Durchgängen Punkte. Allerdings gehen sie nach Durchgang zwei ins Kloster (und somit vom Brett), außer man zahlt eine rosa Ware, womit auch deren Haupteinsatz erwähnt wäre.
Das Echo auf DYNASTIES ist in meinen Spielerunden gemischt. Manche Spieler waren nach den Partien frustriert, fühlten sich in ihren Möglichkeiten zu sehr beschnitten. Nach meinem Empfinden überwiegen klar die Stärken. Gemessen an der Regelmenge ist der Glücksanteil zwar erstaunlich, gemessen an der Spieldauer aber völlig okay. DYNASTIES ist keines dieser Spiele, bei denen ich mir gepflegt einen Haufen Waren hinlege, in Ruhe mein Reich aufbaue und jederzeit alles machen kann. Die beschränkte Aktionszahl setzt mich sofort unter Strom. Ich verfolge permanent kurzfristige und langfristige Ziele, ich muss Prioritäten setzen, ich muss managen. Diese Aufgabenstellung empfinde ich als reizvoll.
Auf der anderen Seite: Ja, es ist mal wieder ein Mangelspiel. Ja, es ist mal wieder Optimieren. Und: Ja, DYNASTIES ist sicherlich nicht total innovativ, sondern ein Mix aus Bekanntem. Aber eben ein gut verdichteter, harmonischer Mix mit einem entscheidenden Spritzer mehr Emotion und mehr Interaktion als üblich.

DYNASTIES von Matthias Cramer für drei bis fünf Spieler, Hans im Glück.

Dienstag, 19. April 2016

Sarkophag

Warum?
Ich hatte den Eindruck, das Thema Mumien passe recht gut zur Vitalität dieses Blogs. (Na ja, und außerdem habe ich ein Spiel gesucht, das ich halbwegs schnell rezensieren kann, um nicht sofort schon wieder Sendepause machen zu müssen.)

Wie geht SARKOPHAG? SARKOPHAG ist ein Stich-Vermeidungsspiel. Mumienköpfe, auf den meisten Karten abgebildet, zählen negativ. Weil man also keine Mumienköpfe will, will man keine Karten. Und weil man keine Karten will, will man keine Stiche. QED.
Kleiner Trost: Niemand gewinnt zwei Stiche in Folge, denn der Ausspieler kriegt den Stich nie. Entscheidend ist die zweite Karte. Ist sie höher als die erste, müssen alle Spieler höher als der Ausspieler legen, und die höchste Karte macht den Stich. Ist die zweite Karte niedriger als die erste, läuft es genau umgekehrt.
Ganz übel trifft es den, der diese einzige Bedienregel nicht einhalten kann. Er bekommt den Stich garantiert, außer ein anderer armer Wicht verletzt die Grundregel noch deutlicher.

Was passiert? Je weiter entfernt die eigene Karte von der des Ausspielers ist, desto größer die Gefahr. Schön wäre also ein Blatt, das ohne krasse Lücken den gesamten Bereich von 1 bis 60 abdeckt, um aus allen Situationen einen Ausweg zu haben.
Doch selbst bei einer Kartenfolge wie 20, 17, 16 ist erfahrungsgemäß die dritte Karte nicht sicher, denn plötzlich drängeln sich die anderen Spieler noch lustig mit 18 und 19 dazwischen. Und auch ein Blatt, das anfangs breit aufgestellt wirkt, kann während der Stichrunden schnell zerpflückt und dann eben doch lückenhaft oder einseitig werden.
Kann man denn überhaupt etwas beeinflussen? Ja, aber anders als in normalen Stichspielen, wo die Überlegung vielleicht lautet, bestimmte starke Karten aufzusparen. SARKOPHAG kennt keine per se starken Karten, also muss man auch nicht viel aufsparen. Bei den Karten, die gleich fünf Mumienköpfe zeigen, überlege ich allerdings schon, ob ich sie in einen Stich gebe, solange die Gefahr besteht, dass er bei mir hängen bleibt.
Und merklichen Einfluss nimmt insbesondere derjenige Spieler, der die zweite Karte spielt und somit die Richtung vorgibt. Wer aufpasst, in welchen Zahlenbereichen andere Spieler Schwäche gezeigt haben, kann ordentlich Miese verabreichen.

Was taugt es? Große Gestaltungsmöglichkeiten erlebe ich in SARKOPHAG nicht. Aber Spannung: Was wird ausgespielt? In welche Richtung geht es danach? Ist meine Karte dicht genug dran oder endet es böse?
Zu dritt entfaltet sich dieser Reiz nicht voll. In größerer Runde ist SARKOPHAG ein unterhaltsames, wenig anstrengendes Spiel, bei dem man hofft und bangt und andere ärgert. Nichts Grandioses. Aber definitiv gut genug, um es mitzuspielen.

SARKOPHAG von Michael Feldkötter für drei bis sechs Spieler, Amigo.

Montag, 11. April 2016

Codenames

Sprichwort 2? – Schwalbe! Sommer!

Wie geht CODENAMES? CODENAMES ist ein Spiel mit Sprache. 200 Karten tragen beidseitig einen mehrdeutigen Begriff. Zufällige 25 davon werden als fünf mal fünf Karten großes Spielfeld ausgelegt.
Die Spieler teilen sich in zwei Teams auf. Jeweils einer ist Teamchef. Nur die beiden Chefs erhalten Einblick in die Codekarte, die per Farbmarkierung zeigt, welche der 25 Begriffe das blaue und welche das rote Team zu raten hat. Wer beginnt (im Beispielfoto unten ist es Rot), muss neun Begriffe raten, das andere Team acht. Sieben Begriffe gehören zu keinem Team. Und ein Begriff (schwarz markiert) ist tabu. Wer diesen rät, hat sofort verloren. Ansonsten gewinnt das Team, das seine Begriffe zuerst findet.
Immer abwechselnd dürfen die Chefs ein Hinweiswort sagen, das inhaltlich auf möglichst mehrere der eigenen Begriffe deutet. (Und möglichst nicht auf Begriffe des anderen Teams und schon gar nicht auf das Tabuwort!) Gleichzeitig sagen sie eine Zahl, wie viele Begriffe sie meinen. Teamchef Rot könnte beispielsweise „Shakespeare 2“ sagen, um auf „London“ und „Theater“ zu lenken.
Die Teammitglieder tippen nun auf Begriffskarten und erhalten Rückmeldung, indem die Chefs die Begriffe mit roten, blauen oder neutralen Kärtchen abdecken. Wird ein Begriff getippt, der nicht zur eigenen Farbe gehört, endet der Zug. Nicht komplett abgearbeitete Hinweise merkt sich das Team, um später darauf zurückzukommen.

Was passiert? Weil es darum geht, mit weniger Spielzügen auszukommen als die Gegner, gewinnt eine reine Sicherheitstaktik selten. Der Hinweisgeber sollte riskieren, seine Assoziationen etwas weiter zu fassen – aber trotzdem nicht beliebig.
Die Ratenden müssen systematisch vorgehen, vom Naheliegenden zum Abwegigeren. Und sie sollten kombinieren: Warum hat der Boss „Feuerwerkskörper“ gesagt und nicht etwa „Rakete“ oder nur „Feuerwerk“? Genau solche Feinheiten machen oft den entscheidenden Unterschied.
Der Reiz des Spiels ist also intellektueller Art. Als Chef assoziiere ich nicht nur irgendwie herum. Ich plane auch, welche Suchbegriffe ich überhaupt miteinander kombiniere und in welcher Reihenfolge. Begriffe, die den anderen Teamchef stören könnten, lasse ich erst mal unangetastet. Vielleicht habe ich Glück und das Gegnerteam und hilft unfreiwillig mit, indem es diesen Begriff rät. Solche Pannen gibt es immer wieder, sie gehören dazu, und machen COCENAMES auch emotional.

Was taugt es? CODENAMES ist kein leicht zu beherrschendes Spiel. Anfänger finden oft nicht mal Verbindungen für auch nur zwei Begriffe. Manche Chefs müssen lange überlegen. Und mancher erfindet Hinweiswörter („Gelenkstifttransporter“), die zwar nicht erlaubt, aber – einmal ausgesprochen – auch schwerlich wieder aus der Welt zu schaffen sind. Seinen vollen Reiz entfaltet CODENAMES, wenn diszipliniert und konzentriert gespielt wird. Man übt sich und wird im Laufe mehrere Partien präziser.
Assoziationsspiele an sich sind keine neue Erfindung. Fünf Dinge heben CODENAMES aber heraus: 1. die Verdichtung auf einen Pool von (beliebig kombinierbaren) 25 Begriffen, 2. die Herausforderung, sich von teilweise ähnlichen Begriffen abzugrenzen, 3. der Wettlauf-Charakter, 4. der geringe Verwaltungsaufwand, 5. die gute Spielbarkeit auch zu zweit.
Zu zweit und auch zu dritt spielt man komplett kooperativ. Der Reiz, mit möglichst wenigen Hinweisen auszukommen, überträgt sich trotzdem.
Nach inzwischen über 80 Partien kann ich CODENAMES außerdem bescheinigen, dass es sich nicht so schnell abnutzt. CODENAMES bleibt langfristig interessant und ist schlichtweg das beste Spiel seiner Art, das ich kenne.

CODENAMES von Vlaada Chvátil für zwei bis acht Spieler, Czech Games Edition / Heidelberger Spieleverlag.