Mittwoch, 8. Oktober 2014

Bang! The Dice Game

Den Wilden Westen empfinde ich als eines der spannendsten kulturgeschichtlichen Themen überhaupt. Das zumindest ist die intellektuellstmögliche Begründung, die mir einfällt, warum ich gerne Westernfilme gucke.
Bei Spielen bin ich natürlich kritischer. Das muss ich sein, um meinen schlechten Ruf zu wahren. Und deshalb löst selbst ein Jahrgang mit LEWIS & CLARK, REVOLVER (demnächst hier im Blog) und BANG! THE DICE GAME bei mir kein besonderes Entzücken aus. Im Wilden Westen hätte man Typen wie mich längst erschossen.

Wie geht BANG! THE DICE GAME? Einer ist Sheriff, die anderen sind entweder Hilfssheriffs, Banditen oder Gesetzlose. Das wird ausgelost, und mit Ausnahme des Sheriffs bleiben die Identitäten zunächst geheim und werden erst offenbart, sobald der Spieler stirbt.
Zu Spielbeginn zieht jeder obendrein eine von 16 Charakterkarten, die ihm eine individuelle Eigenschaft verleiht. Der Sheriff und seine Gehilfen gewinnen, wenn alle Bösen ausgeschaltet sind. Die Banditen wollen den Sheriff töten. Und am kniffligsten ist der Auftrag des Gesetzlosen: Er muss als Letzter übrig bleiben.
Wer am Zug ist, würfelt mit allen fünf Würfeln: bis zu drei Mal, das Symbol „Dynamit“ darf allerdings nicht neu geworfen werden und muss liegen bleiben.
Besonders unschön sind die „Pfeile“. Sie dürfen zwar neu geworfen werden, aber mit jedem Pfeil handelt man sich sofort (!) einen der neun Pfeilmarker ein. Sobald alle Marker verteilt sind, gibt man sie zurück in den Vorrat und verliert für jeden einen Lebenspunkt. Nur mit einem Drilling des Symbols „Gatling“ wird man seine Pfeile ohne Schaden los.
Mit einer „1“ beschießt man nach Wahl entweder seinen linken oder rechten Nachbarn, mit einer „2“ einen der beiden übernächsten Spieler. Ein „Bier“ schließlich gibt einem Spieler nach Wahl einen Lebenspunkt zurück. Meistens bestimmt man sich selbst, Hilfssheriffs unterstützen auch gerne ihren Boss.

Was passiert? BANG! THE DICE GAME ist nicht gerade ein raffiniertes Spiel. In kleiner Besetzung habe ich nie irgendwelche Überraschungen und Bluffs erlebt. Die Fronten waren stets rasch abgeklärt. Und dann würfelt man die Sache nur noch ruckzuck aus. Es gab Partien, in denen jemand vor seinem Ableben überhaupt nur zwei Mal an die Reihe kam.
In größerer Runde wendet sich einiges zum Positiven. Weil nicht für jeden Spieler jeder andere in Reichweite ist und somit auch nicht jeder Bandit zwangsläufig auf den Sheriff ballern kann, wird tendenziell wirrer umher geschossen, die Identitäten sind weniger offensichtlich, und das tut dem Spiel gut. BANG! THE DICE GAME hat dann zwar immer noch den Charakter eines simplen Haudrauf-Spiels, jetzt ist aber ein bisschen mehr Fleisch am Knochen. Indem sich die Reihen erst nach und nach lichten, entwickelt sich während der Partie eine kleine Dramaturgie. Die Spieler bangen mit, in den Lagern entsteht ein Gruppengefühl.

Was taugt es? Sechs Spieler sollten mindestens am Tisch sitzen, und ihnen sollte bewusst sein, dass sie hier eine flotte, unkomplizierte und aggressive Würfelei mit hohem Glücksfaktor austragen (Tipp: bloß keine Pfeile würfeln!): Dann kann BANG! THE DICE GAME als kurzes, amüsantes Geballer mit thematischem Flair gut unterhalten.

BANG! THE DICE GAME von Michael Palm und Lukas Zach für drei bis acht Spieler, Abacusspiele.

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